Man gönnt sich ja sonst nichts. Und das Wetter ist so, dass man endlich mal nicht durch Ersäufungsversuche daran gehindert wird, einen Schritt vor die Haustüre zu tun. Im Klartext: sonning mit Wolken und saukalt, aber trocken.
Also beschließe ich zusammen mit Tatzelwurm den Schlierseer Flohmarkt aufzusuchen, um nach geeigneter Beute Ausschau zu halten. Die Standl- Tisch- oder StänderinhaberInnen jammern ob des schlechten Geschäfts. Das kriegft man so nebenbei mit. Leute sind eigentlich genug unterwegs. Aber vielleicht ist denen ja der Geldbeutel bei den letzten Ersäufungsvresuchen schlichtweg aus der Tasche davongeschwommen. Ein Wunder wär das nicht.
Das Angebot wie immer: vom edlen Teilen, die eigentlich auf einen Antikmarkt gehören und auch entsprechen teuer sind, bis hin zum Develey-Kristall ist alles zu finden. Bei manchen Artikeln überfällt mich ein innerlicher Schauer bzw. Lachkrapf. Nicht vorzustellen, wie das Wohnzimmer so manch eines Noch-Besitzers von derlei edlen Teilen ausschauen könnte. Kurz und gut, es macht Spaß über den Markt zu stromern und nach geeigneter Beute Ausschau zu halten.
Eine Trachenjacke aus edlem Loden fällt mir unter die Klauen. Sie paßt wie angegossen, der Preis ist super, also wird die Beute geschnappt. EIn kleines Keramikschüsselchen geht noch mit und eine alte Zitronenpresse aus Porzellan. Ja und dann, so fast ganz am Schluß kommen wir an einem Ständer vorbei, an dem 2 Pelzjacken hängen.
Pelz hat für mich eine geradezu magische Anziehung. Ich muß da einfach hinlangen. Die erste Jacke ist ein SIlberfuchs - vermute ich mal - und traumhaft weich, die zweite ein Persianer mit einem apparten Pelzkragen. Welches Tier dafür sein Leben lassen mußte, weiß ich nicht.
Tatzelwurm t: "Die wär doch was für Dich, die Jacke da. Die steht Dir, ganz sicher.
Ich: "Hmmm... "
Ich lange an das Fell, na ja, die Jacke hat schon was. Da greift unvermittelt eine gierige Hand über mich drüber und schnapp, hat diese gierige Hand samt dem dazugehörenden Frauenzimmer die Beute, sprich Jacke an sich gerissen.
"Schau mal, diese Jacke hat was!"
"Oh ja, die würde Dir ganz sicher stehen. Probiere doch mal!"
Umständlich ist das mit so vielen Beutetaschen und -säcken, wie die zwei zusammengehörenden Damen schon mit sich rumschleppen. Dazu gehört ganz offensichtlich noch ein Sohn, von welcher der beiden Damen? Ich vermute von der Pelzjacken- an- sich- Reisserin. Der Herr Sohn ist nicht gerade zierlich an Figur, schlichtweg leicht gwampert und hat einen ziemlich bubihaften Gesichtsausdruck. Seine Mama ist auch nicht verschnitzelt und betont die Körperformen, insbesondere das Hinterteil durch einen enganliegenden schwarzen Rock. Sehr appart!
Diese figürlichen Umstände bekommen wir nun zu sehen, da die Dame sich ihrer Jacke entledigt und in das edle Pelzteil schlüpft.
Tatzelwurm: "Halt wir bleiben jetzt hier. Die nimmt die Jacke nicht, das kannst abwarten. Und dir steht die nämlich. Sicher bin!"
Ich: "Na ja, wannsd meinst."
Und dann kommen bei mir auch so Beuteinstinkte durch und ich bechließe, dazu bleiben, bis die gierige Hand nebst dazugehörendem Frauenzimmer das Feld räumt.
Aber nichts dergleichen. Jetzt wird probiert!
"Und wie findest du die Jacke?"
"Die steht dir!"
Ich finde, die steht ihr gar nicht, weil das rundliche Hinterteil so hervorsticht und den freien Fall der Jacke sichtlich behindert.
Eine Spiegel oder besser die Reste eines Spiegels werden herangeschafft.
Madame dreht und wendet sich prüfenden Blickes.
"Diese Jacke würde zu meinem neuen Auto passen."
"Diese Jacke steht Ihnen ganz hervorragend zu Ihrem blonden - gefärbten, mein Kommentar - Haar."
Die Ständerinhaberin wittert ein potentielles Geschäft und schmeißt sich ins Zeug:
Drehen und Wenden, Prüfen und immer wieder:
"Diese Jacke passt zu meinem neuen Auto."
"Hast du das denn schon?"
"Nein, das kommt erst in 3 Wochen. Aber die Jacke passt zu meinem neuen Auto."
Ich sehe meine Chancen gegen Null schwinden.
Tatzelwurm raunt mir zu: "Das kannst abwarten", nimmt meine Beutetüten. "Damit zu schnell zugreifen klannst, wenn die die Jacke wieder auf den Bügel hängt."
Eoigentlich hätte ich ja genauso gierig dazwischengreifen sollen, wie diese Dame es vorher gemacht hat. Aber ich bin ja schließlich gut erzogen - manchmal.
Drehen und Wenden
"Soll ich?"
"Was meinst Du?"
"Steht dir ganz hervorragend!"
"Sie passt zu meinem neuen Auto!"
Ein Herr stolziert vorbei und meint: "Diese Jacke steht Ihnen ganz hervorragend!"
Sein Grinsen auf dem Gesicht läßt mich argwöhnen, dass der die Dame schlichtweg auf den Arm nimmt.
Aber dieser Satz eines Herrn der Schöpfung verfehlt seine Wirkung nicht. Denn augenblicklich bekommt das Drehen und Wenden den Touch eines Balztanzes.
Ich dachte immer, das Balzen machen die Männer, werde aber grad eines besseren belehrt.
Hin und her und her und hin...
Allmählich steigt in Tatzeklwurm und in mir so ein typische Gefühl aus den Untiefen des Bauches hoch, das sich gerne in einem lauten Losprusten Luft verschaffen will. Ups, da müssen wir echt Selbsthererrschung üben.
Ich will gehen. Wir stehen sicher schon eine Viertelstunde.
"Nein, wir bleiben, wo kriegt man denn so was geboten, völlig umsonst, ohne Eintritt!"
Auch wieder wahr. Und ehrlich gesagt, besser als auf jeder erdenklichen Bühne.
Hin un d Her und Her und Hin...
Jetzt rennt die Nochpelzjackeninhaberin und sucht nach einem neuen, sprich ganzen Spiegel, damit Madame sich besser sehen kann. Das überbetonte Hinterteil verschwindet deswegen zwar auch nicht, aber Madame kann sich doch etwas besser sehen.
"Soll ich? Was meinst Du?"
Madam dreht und wendet sich...
Hilfe, die Lachanfälle geraten langsam außer Kontrolle.
Ich: "Komm jetzt gemma" - zu hochdeutsch: "jetzt gehen wir."
Tatzelwurm: "Naa, wart, des is ja nur nu guad" - übersetzt: "nein, das ist ja nur noch gut."
"Da missad jetzt da Polt da sei" - "da müßte jetzt der Polt" (= Gerhard Polt) "da sein" (der wohnt nämlich gleich ums Eck, einen Ort weiter)
"Des werd langsam koald", d.h. "mir wird es langsam kalt" und zwar ziemlich.
Um es abzukürzen: das Schauspiel hat mindestens 20 Minuten gedauert, wenn nicht noch länger und war von absoluter Bühnenqualität.
Immer wieder das Drehen und Wenden, dann ein "Die Jacke steht Ihnen einfach perfekt." Meinen SIe wirklich?" Und ganz wichtig: "Die Jacke passt zu meinem neuen Auto..."
Aber das kennen wir ja schon.
Also, endlich wird in den diversen Tüten und mitgeschleppten Taschen gewühlt und man wird sich einig. Das edle Stück wechselt die Besitzerin.
Mein Kommentar: "Na endlich! Wenigstens ein Stück weniger, auf das sich die Motten bei mir stürzen können."
Ach ja und nix für ungut, ihr wißt es ja, ia Katze kann das Mausen einfach nicht sein lassen.