Overblog
Folge diesem Blog Administration + Create my blog
6. Juli 2010 2 06 /07 /Juli /2010 07:54

Diana Damraus Liederabende werde ich in Zukunft meiden. Denn das muss ich nicht mehr haben. Einmal reicht und zwar gestrichen! Ich war im vorigen Jahr schon nicht so ganz überzeugt, aber diesmal...

Nicht, dass die Sängerin nicht singen könnte, nein ganz und gar nicht! Da klingt auch  das Piano sehr schön und wenn sie eine Phrase zum Forte hin öffnet, das hat schon was. Sie gestaltet auch, versucht es zumindest, denn bei mir ist leider nicht allzu viel angekommen. Da hatte ich das Gefühl, es gab ein Konzept und wenn ein Konzept im Vordergrund steht, dann geht das Authentische der Musik verloren. Emotionen, ja, da war auch was, aber auch Emotionen haben einen sehr starken konzeptuellen Anteil. Das vergisst man immer. Mir hat das Fühlen der Musik gefehlt, das Einfühlen in die Musik als Grundlage für die musikalische Gestaltung.

Aus dem Einfühlen in die Musik heraus gestalten nicht allzu viele Musiker. Leider! Und dennoch entstehen solche musikalischen Katastrophen wie an diesem Abend - Göttin sei Dank - nur selten.

 

Was war denn der Stein des Anstoßes? Warum empfand ich den Abend dermaßen katastrophal?

Beim Lesen des Programms sind mir die ersten Zweifel gekommen. Denn als ich nach dem Namen des Begleiters suchte, stand da „Harfe ...“.

 

Ups, das kann aber jetzt nicht wirklich wahr sein.

Ganz ehrlich: ich habe schon die Harfe auf der Bühne gesehen. Gesehen und die logische Folge ausgeblendet, da nicht wirklich nachvollziehbar. Denn dass Frau Damrau einen Liederabend unter anderem mit Liedern von Franz Schubert und Richard Strauss – das hat sie vor der Pause gesungen, was nach der Pause geschehen ist, weiß ich nicht, denn da habe ich die Flucht ergriffen -, also dass man Schubert- und Strauss-Lieder mit Harfe begleiten lässt, da gehört schon einiger musikalischer Unverstand dazu. Sorry, aber anders kann ich das leider nicht sagen. Und ich bin an dieser Stelle heilfroh, dass ich nicht dem Beruf einer Kritikerin nachgehe, die da jetzt in einer Zeitung ihren Kommentar abgeben muss. Hier tue ich es. Das ist meine private Meinung und die tue ich hiermit kund.

 

Also, da standen vor der Pause Lieder von Franz Schubert und Richard Strauss auf dem Programm. Unter anderem „Gretchen am Spinnrad“ und Ganymed“ von Schubert und „Beim Schafengehen“ aus den „Vier letzten Liedern“ von Richard Strauss – und das mit Harfe begleitet...

 

Warum ist das denn eine solche musikalische Katastrophe? Ehrlich gesagt ein Fehlgriff, der sich nicht wirklich entschuldigen lässt.

Harfe und Klavier erzeugen jeweils eine ganz andere Klangwelt.

Die Harfe hat von Natur aus einen ätherischen Klang, schafft einen Hintergrund gegen den sich die Stimme abheben kann. Der Klangraum der Harfe hat etwas sehr Diskretes an sich. Die klangliche Farbpalette ist aber auch sehr begrenzt. Das ist kein Problem, wenn die Intention der Musik und die klanglichen Möglichkeiten der Harfe übereinstimmen. 

Und da liegt leider der Hase begraben.

Weder Schubert noch Strauss und schon gar nicht die oben erwähnten Lieder vertragen einen diskreten, ätherischen Klanghintergrund. Der Klavierpart in den Liedern von Schubert ist der Singstimme ebenbürtig. Das Klavier setzt der Singstimme oft genug etwas entgegen, z.B. einen markanten  Rhythmus, drängt sich auch mal vor, indem es melodisch führt, während die Singstimme nur eine „Nebenstimme“ hat, donnert zuweilen sogar, um das dramatische Geschehen zum Höhepunkt zu führen. In den Hintergrund treten darf das Klavier nur manchmal, wenn es die musikalische Struktur so gebietet. Tut es das aber grundsätzlich, dann geht der authentische musikalische Ausdruck verloren und verliert sich in einer sentimentalen Beliebigkeit. Dieses Problem ist bei vielen, vor allem älteren Schubert-Einspielungen nicht zu überhören.

Und jetzt wird das Klavier durch die Harfe ersetzt.

Das geht bei Schuberts "Ave Maria" gerade noch und auch beim "Wiegenlied" von Richard Strauss, aber nur, wenn die Singstimme nicht über das Piano hinausgeht. Denn dann wird das Problem unüberhörbar. Die Harfe verschwindet, wenn die Sängerin ihr fast zu gewollt wirkendes, zu sehr durchgängiges Piano zu verlassen wagt. Schon beim Mezzoforte ist die Harfe kaum mehr hörbar, beim Forte schlichtweg mehr oder weniger verschwunden. Und von einer klanglichen Ebenbürtigkeit kann überhaupt keine Rede sein.

Ein markanter Rhythus in der Harfenbegleitung, der ein Gegengewicht zur Singstimme darstellt? Fehlanzeige! Der kann ja gar nicht durchkommen.

Seltsam, sehr seltsam.

Und wenn dann auch noch ein Lied mit Harfe begleitet wird, das eigentlich den Klangraum eines Orchesters braucht, wie „Beim Schafengehen“, dann verstehe ich die musikalische Welt nicht mehr. 

 

Wie kommt eine Sängerin dazu, so etwas zu machen? Diese Frage lässt sich nicht verdrängen. 

Aus musikalischem Sachverstand heraus wurde diese Entscheidung nicht getroffen. Sorry, das kann nicht sein, denn die Lieder sind schlichtweg von ihrer tatsächlichen Größe auf Spitzmausformat verkleinert und damit zu so etwas wie einer Karikatur ihrer selbst gemacht worden. Und das ist – gelinde gesagt - sehr, sehr schade, genaugenommen eine musikalische  Entgleisung, die ihresgleichen sucht.

( „Gretchen am Spinnrad“ und „Ganymed“ gehören für mich zu den „größten“ Liedern, die wir in der deutschen Liedtradition haben. Da wird eine mythische Ebene erreicht. Doch das nur am Rande.)

Was ist es dann?

Es kann ja wohl nicht sein, dass eine Textzeile wie „Oft hat ein Seufzer, deiner Harf´entflossen,...“ – „An die Musik“, Strophe 2 – dazu verleitet hat, die Harfe als Begleitinstrument zu wählen??? Oder "lieblicher Morgenwind" im "Ganymed"???

Was bleibt denn dann?

Anders sein als die Anderen und zwar um jeden Preis? 

Das ist ja eh so ein Trend: ich mache das jetzt mal ganz anders.

Es kann ja auch sehr spannend sein, wenn der ursprüngliche musikalische Ausdruck dabei unterstrichen wird. Hier wurde er leider gekillt.

Dann bleibt noch die Eitelkeit und eine gehörige Portion Selbstdarstellung.

Und da vergessen die Interpreten leider, dass sie im Dienst der Musik stehen und nicht umgekehrt.

Und genau dieses Gefühl werde ich nicht los. Frau Damrau hat ihr stimmliches Können nicht in den Dienst der Musik gestellt, sondern hat sich der Musik bedient, um sich in Pose zu setzen.

 

Schade, sehr schade  - und eines ist sicher, so schnell tue ich mir einen Liederabend von Frau Damrau nicht mehr an.

 

 

Diesen Post teilen
Repost0
29. April 2009 3 29 /04 /April /2009 12:03

Am Montag Abend war wieder ein Konzert innerhalb meines Kammermusikabos. Ein junges polnisches Streichquartett - „Apollon Musagete-Quartett“ - hat gespielt.

 

http://www.br-online.de/br-klassik/ard-musikwettbewerb/ard-musikwettbewerb-klassik-ID1221732674519.xml

 

http://www.apollon-musagete.com/

 

Ich muß ehrlich sagen, daß ich beeindruckt bin, wie viele gerade junge Musiker es gibt, die so frisch und lebendig musizieren, daß man das Gefühl hat, sie erspielen sich die „Eintrittskarte ins Leben“ - weitab von akademischer, wohlklingender Langeweile. Aufregend, berührend, ergreifend ist diese Art des Musizierens.

 

Wenn ich das vergleiche mit der Herangehensweise an ein Musikstück, wie sie mir an der Musikhochschule in München vor etwa 20 Jahren vermittelt wurde, dann sind da – Göttin sei Dank – Welten dazwischen. Mir wurde noch ein ziemlich sentimentaler Umgang mit der Musik nahegelegt, der mich nie überzeugt hat. Schließlich hatte ich zuvor auch schon Musikwissenschaften studiert und hatte so einen ganz anderen Zugang zur Musik.

Heute hab ich das Gefühl, daß es wirklich um die Noten geht, die auf dem Papier stehen. Zu meiner Studienzeit hieß es noch, wenn man auf den Notentext verwiesen hat „ach wie theoretisch“ (Originalton eines international begehrten und gefeierten Liedbegleiters, in dessen Liedklasse ich mal kurz war).

Es scheint in der Tat um die Musik zu gehen und nicht um die Selbstdarstellung von eitlen Musikern. Bei Sängern und vor allem Sängerinnen mit entsprechendem Aussehen ist letzteres leider immer noch ziemlich beliebt...  Aber immer wieder darf ich auch diese andere Art des Musizierens erleben, dieses Eintauchen in die Musik, dieses Einswerden mit der Musik. 

 

Es ist ein sehr großer Unterschied, ob ich meine Emotionen beim Musizieren in den Vordergrund stelle, ob ich mich als Musikerin in den Vordergrund stelle oder ob ich in die Musik eintauche, mich von der Musik berühren und den Zuhörer daran teilhaben lasse. Dazu muß ich die Musik erst einmal verstehen, muß die musikalischen Strukturen unmittelbar erleben, sie körperlich fühlen.  Natürlich löst Musik Gefühle aus, aber die gehen sehr viel tiefer als Emotionen. Emotionen haben einen starken Bezug zu Konzepten. Das, was gute Musik vermag, ist ein unmittelbares  Berühren und Bewegen der Seele. Das hat nichts mit den Konzepten zu tun. Das ist etwas Existentielles. Und das miterleben zu dürfen ist immer wieder ein Geschenk.

 

Einen herzlichen Dank an das Apollon-Musagete-Quartett für so ein Erlebnis.

Diesen Post teilen
Repost0

Über Diesen Blog

  • : Blog von Mizi B.
  • : test
  • Kontakt

Profil

  • Mizi B.
  • Ich bin ein neugieriges Weib, Anfang 50, und lebe mit 2 Katzendamen im schönen Bayern.
Meine Interessen? Viel zuviele - aber das seht ihr ja beim Mitlesen selber... 
Für die von mir verfassten Texte gilt: alle Rechte liegen bei mir.
  • Ich bin ein neugieriges Weib, Anfang 50, und lebe mit 2 Katzendamen im schönen Bayern. Meine Interessen? Viel zuviele - aber das seht ihr ja beim Mitlesen selber... Für die von mir verfassten Texte gilt: alle Rechte liegen bei mir.