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Da stellen sich mir die Nackenhaare auf: Bilder, Texte und Musik, die sich den Anstrich von licht- und liebevoll geben, von „geeignet zum Meditieren“, aber so mit Weichzeichner und Weichspüler getränkt sind, daß sie jeglichen Halt verlieren und vor Kitsch nur so triefen. Da braucht es unter manche Bilder, Texte und Musikstücke ganze Badewannen, um das überschüssige Schmalz aufzufangen.
Kann mir mal jemand erklären, was Licht und Liebe, was Spiritualität, was Meditation mit rosarot, lilablassblau, und dem berühmten Biesel-Gelb, mit Weichspüler, Weichzeichner und und und zu tun haben? Oder warum eine Seite im Netz über Magie einen schwarzen Kapuzenmann mit grell leuchtenden Augen zeigt, bei dem mir vor Geschmacklosigkeit die Kinnlade offen stehen bleibt?
Tut mir leid, das ist - für mich (nur anstandshalber dazugesetzt, wie ich gerne zugeb) - Kitsch und zwar in übelster Ausprägung.
Unter Kitsch versteht man, wenn eine Seite der Wirklichkeit ausgeblendet wird. Da fehlt das Gleichgewicht, das von eben denselben Menschen auf die Fahne geschrieben und vor sich hergetragen wird. Leider scheitern sie bei dem Versuch, sich kreativ zu betätigen, jämmerlich.
Gerade im Bereich von Esoterik und Spiritualität gibt es Kitsch ohne Ende.
Was wird da verwechselt?
Und es ist interessant: auch bedeutende Maler verfallen dem Kitsch, wenn es um die Darstellung von mystischen Erfahrungen geht. Ich denke jetzt z.B. an manche Bilder von Salvadore Dalì oder Max Ernst. (Was jetzt nicht heißt, ich würde diese Maler nicht schätzen.)
Viele, die sich in spirituellen Bildern und Texten - der Bereich Musik ist um kein Haar besser - versuchen, zeigen eine Seite – die helle oder die dunkle. Diese wird überhöht und bekommt den Glanz des Außergewöhnlichen - am besten mit Goldsternchen und Flitter oder leuchtendem Giftgrün auf Dunkelgrau oder Schwarz. Die andere Seite wird vergessen. Und schon entsteht Kitsch.
Hab ihr mal dem Gesang eines Vogels gelauscht – so richtig in die Töne und Melodien hineingehört? Ist euch aufgefallen, wie rauh da manche Töne sind, wie unharmonisch? Ich hör schon die Protestschreie, aber hört wirklich mal ganz genau dem – ich sag jetzt absichtlich -Schrei eines Vogels zu.
Die Töne überhaupt.
Jeder Ton enthält in sich die Obertonreihe und die wiederum enthält Dissonanzen. Ein reiner Sinuston, also einer ohne jegliche mitschwingende Obertöne und damit ohne mitschwingende Dissonanzen ist fast unerträglich. Gerade Obertöne verleihen einem Klang seinen ganz besonderen, unverwechselbaren Charakter. Das ist für mich ein wunderbares Bild von Harmonie; denn im Ton sind Konsonanzen und Dissonanzen zu einem harmonischen Ganzen vereint.
Kann es sein, daß das, was als ein Gefühl von Einheit vielleicht tatsächlich erlebt wird, in unserer Welt der Dualität kaum darstellbar ist?
Kann es sein, daß die Illusion der Einheit mit einer echten Erfahrung von Einheit verwechselt wird?
Kann es sein, daß die rosarote Wolke Nr. 7 dringend benötigt wird, um die rauhe Realität aushalten zu können bzw. um vor ihr zu fliehen?
Kann es sein, daß die Sehnsucht nach Ganzheit, nach Harmonie so groß ist, daß Harmoniesucht anstelle von wirklicher Harmonie dabei herauskommt?
Ich kann mich an einen abartig langweiligen Klavierabend erinnern mit einem weltbekannten Pianisten. Da war dann der Kommentar der Zuhörerschaft Marke „Vergeistigt“: so ein meditatives Klavierspiel! Entweder ich war zu dumm, um das mitzukriegen, was da meditativ war oder es war wirklich stinklangweilig. Letzteres schien mir leider zuzutreffen und wurde dummerweise auch noch von der Kritik bestätigt...
Tag und Nacht, Licht und Schatten, Geburt und Tod gehören nun mal zusammen, sowie Freude und Leid in jedem Leben immer wieder zusammenwirken. Ein nur freudvolles Leben – ist es nicht irgendwann langweilig, weil ihm die Tiefe fehlt? Oder warum leiden so viele Wohlständler in unserer Gesellschaft an Depressionen und Sinnlosigkeit?
Und man stelle sich vor, man müsste ewig auf diesem Planeten bleiben, weil es den Tod nicht gibt! Eine grausige Vorstellung! Und das am besten noch in einer Umgebung von Bonbonrosa, Lilablassblau und Bieselgelb. Nicht auszuhalten!
Da bevorzugt die Katze das Mausen - auch wenn die Maus dabei ihr Leben lassen muß...