Stachelturm hat mich auf was gebracht, nämlich auf die Frage nach Eindruck und Ausdruck. Ich hatte mich vor Jahren mal intensiv damit auseinandergesetzt.
Nicht alles, was beeindruckt ist auch wirklich ausdrucksvoll. Vieles, was beeindruckt macht einfach was her. Auf den ersten Blick zumindest. Schaut man genauer hin, gähnt einem eine manchmal schier tödliche Leere entgegen.
Wow, das ist ja toll!
Du fühlst dich hingerissen!
Du findest es umwerfend!
Es macht einfach was her!
Glitzer und Glamour!
Tüll, Rampenlicht, rote Teppiche, Berühmtheit, das ganze Showbuisness...
SchönheitsOPs, daß man nicht mehr weiß, wer eigentlich der Mensch ist, der sich hinter der gelifteten Haut versteckt. (Wo doch gerade Falten Lebensgeschichten erzählen!)
Schminke, die übertüncht, wie man eingentlich grad drauf ist.
Das kommt an. Das ist in.
Mode, modisch - heute aktuell und morgen vergessen.
Beeindruckend - für viele ja. Ausdrucksvoll - nein, das sicher nicht.
Ich kann mich an eine Studie der Universität des Saarlandes erinnern, in der es um die Frage ging, ob psychisch kranke Menschen und gesunde Menschen die gleiche Fähigkeit besitzen, Gefühle auszudrücken. Die Versuchspersonen sollten sich in bestimmte Gefühle versetzen und dann den Gesichtsausdruck des jeweiligen Gefühls zeichnen.
Ich muß nicht extra sagen, wie schwer es ist, einen Gesichtsausdruck zu zeichnen. Und das für Laien!. Hätte man das Gefühl einfach kritzeln lassen, dann hätte zumindest schon mal die zeichnerische Begabung das Versuchsergebnis nicht so verfälscht. Na ja! Universitätsstudie!
Als Kriterium hat man dann - ausgehend von den Versuchen von Ekman, der die Muskelbewegungen im Gesicht bei einzelnen Gefühlen untersucht hat - geschaut, in welchen Gesichtern die meisten Muskelbewegungen dargestellt wurden. Also man nehme eine Strichliste: Bewegung 1, 2, 3, usw.... Das ist objektiv!
Nun waren da zwei auffallende Gesichter.
Das eine war eindrucksvoll gezeichnet, zweifelsohne. Diese Versuchsperson hatte ein zeichnerisches Talent.
Das andere hatte zwei leere Augen mit einer Träne und einen nach unten gezogenen Strich als Mund. So im Stil eines entsprechenden Smily. Das war es.
Das eindrucksvoll gezeichnete Gesicht wurde seltsamerweise immer leerer, als ich mich in dieses Gesicht eingefühlt hatte. Die Muskelbewegungen haben einfach nicht gestimmt. Das war ein Durcheinander von Gefühlen. Da war keine Klarheit.
Das andere Bild hat mich innerlich sofort erstarren lassen. Da kam eine innere Leere, eine Bedrücktheit rüber, die mir schier den Atem genommen hat. Eindrucksvoll war das Bild nicht gezeichnet, aber der Ausdruck war so stark, daß es mir eiskalt über den Rücken gelaufen ist.
Na was soll ich sagen, wie ist das Versuchsergebnis ausgefallen?
Richtig!
Das eindrucksvoll gezeichnete Gesicht war angeblich das mit dem meisten Ausdruck.
Klar, da waren ja auch Muskelbewegungen gezeichnet wie z.B. hochgezogene Augenbrauen und ein lächelnder Mund. Aber es hat halt hinten und vorne nicht gestimmt.
Und das Gesicht, das wirklich berührt hat, das wirklich Audruck hatte, war angeblich das mit dem wenigsten Ausdruck. Auch wieder klar. Es hatte ja keine Bewegungen der Gesichtsmuskeln dargestellt. Bei einem dermaßen starken Gefühl von innerer Leere, Erstarrtheit und Depression ja auch nicht unbedingt möglich.
Was soll ich dazu sagen. Mir hat es damals die Sprache ziemlich verschlagen, meinen Prüfern in der mündlichen Psychoprüfung im übrigen auch. Allgemeines Kopfschütteln...
So ganz nebenbei bemerkt: Die Studie wurde von der "Deutschen Forschungsgesellschaft" finanziert. - Kein Kommentar!
Ja so ist das mit dem Eindruck und dem Ausdruck.
Das Brüllen auf der Bühne macht halt was her. Es läßt einen zusammenzucken, weil es so laut und überdreht ist. Es ist beeindruckend. Ausdrucksvoll ist es nur selten.