Tischsitten im Katzenreich

Meine Katzen haben die Angewohnheit, ihre Beute - sprich Mäuse oder Vögel - im Haus zu verspeisen. Oder zumnidest es zu versuchen, diese im Haus zu verspeisen. Denn da gibt es so ein ignorantes Wesen von der Kategorie Mensch, nämlich mich, das das tunlichst zu unterbinden sucht.
Eigentlich eine Unverschämtheit.
Wo verspeisen Menschen ihre Beute - eben, im Eßzimmer auf dem fein gedeckten Tisch.
Und einer wohlgesitteten, adeligen Katze sollte das verwehrt bleiben?
Da versteh noch einer die Welt und schon gar dieses seltsame Geschlecht der Menschen, die den Sprung vom Affen zu einem normalen Lebenwesen immer noch nicht so ganz geschafft haben. 
Meine verehrten Affen entschuldigt bitte, aber der Sprung ging doch offensichtlich daneben und der Mensch stürzte in die Tiefe, aus der er jetzt nicht mehr rauskommt...

Also gestern Abend hat sich folgendes zugetragen.
Vor der Terrassentüre huschte ein Schatten vorbei, von mir sofort als eines meiner Schnurrwesen identifiziert. Ich mach die Türe auf und schau nach. Könnte ja sein, daß eines meiner Schnurrwesen es satt hat, im Regen und in der Kälte rumzustromern und ins Warme möchte. Was ich sehe, ist aber nicht eine meiner Damen oder mein kleiner Herr sondern der Herr Kater von nebenan. Also Türe wieder zu.

Knurr - ghnnnnnnnurr - ghnuuuuuuuuurrrrrrrrr - für diesen Laut gibt es keine Buchstabenfolge, die ihn annähenrd wiedergeben könnte.
Knurr - ghnuurr - ghnurrrrrrrrrrrr - nanu, wer ist jetzt das? Ich hatte doch nur den Herrn Kater von nebenan gesehen.
Aber eindeutig ist hier ein Knurrer.

Tassilo - mein Kleiner - ups, was hat der denn...
Irgendwie ist mein kleiner Herr unsichtbar - die absolute Spezialität meiner Katzen .- an mir vorbeigehuscht und in die warme Stube reingekommen. 
Knurr - ghnurr  - der Lauser, hat er doch schon wieder eine Maus angeschleppt und ist gerade dabei, sie auf dem edlen Teppich im Wohnzimmer zu zernagen. 

Tassilo, du weißt genau, daß ich das nicht mag. 
Klar weiß Durchlausert das, packt die Maus und verschwindet aus dem Zimmer.
Ich hinterher. Der Kleine kann schnell sein - vorallem, wenn er seine Beute retten will.
Und ich kann stur und fies sein, wenn ich meine edlen Teppiche retten will.
Nein, ich mag es einfach nicht, daß Mäuse im Haus zerlegt werden! Ich mag es nicht im mindesten und meine kätzischen Mitbewohner wissen das sehr genau. 
Aber die Menschin ein wenig necken, das ist doch einfach immer wieder zu schön!

Kater rennt mit der Maus in der Schnauze davon, Menschin schreiend und wild gestikulierend hinterher.
Kater ist aber doch so von seinem Beutevertilgungstrieb in Beschlag genommen, daß er sich einfach hinsetzt und an seiner Maus kaut - egal, ob und wie sich diese dumme Menschin da aufführt. Die ist eh eine absolute Ignorantin. 

Schwups, da hat die Menschin den Kater am Kragen und will ihn samt seiner in der Schnauze hängenden Maus an die frische Luft setzen.
Nicht einkalkuliert: der Kater verliert die Maus. 

Also die ganze Prozedur wieder von vorne.
Kater haut ab, Menschin laut schreiend und wild gestikulierend hinterher.
Kater schaltet auf Durchzug, der Vertilgungstrieb setzt sich durch und - schwups hat die Menschin den Kater wieder gepackt. Diesmal weniger zaghaft.

So und jetzt raus mit dir - du Mistvieh.

Mein kleiner Kater hängt an meiner Hand, ziemlich wehrlos, aber - und das war ein Bild für Götter - weiter an seiner Maus kauend. Seelenruhig. Mäulchen auf, Mäulchen zu und schmatz...

Wie das funktioniert, ist mir schleierhaft. Ist das ein Kaureflex oder war es ihm einfach wirklich völlig egal, von mir am Schlafittchen gepackt und durch die Bude getragen zu werden, um dann ziemlich schwunghaft draußen zu landen. 

Tja, der Kater und seine ignorante Menschin - er tut mir schon leid, mein kleiner Durchlausert, Herzog Tassilo.  Aus seiner Sicht ohnehin undiskutabel, daß die Weiber - sprich Prinzessin Samira, Dame Lalamca und meine Wenigkeit -, also die Weiber - Originalton Herzog Tassilo -, daß die Weiber einfach nicht kapieren, daß er der Chef ist.
So ein Pech aber auch...