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Ich bin ja ein Fan von Liederabenden. Schon alleine deswegen, weil ich selber singe und weiß, wie sensibel ein Liederabend ist, und auch wie wunderbar es ist, die musikalsichen Welten von Liedern auf der Bühne erschaffen zu dürfen.
Und da war ich natürlich sehr, sehr gespannt auf die Liederabende von Michael Volle, Christian Gerhaher und Jonas Kaufmann. Und es war sehr, sehr interessant. Denn alle 3 Sänger haben eine sehr eigene Art des Gestaltens.
Michael Volle: das ist ein leidenschaftliches, aber auch ein einfühlsames Singen, ein lustvolles Gestalten, sehr nah, wie ich finde, an den Kompositionen. Da spüre ich nicht Konzepte, die die Musik belasten, nicht ein ausgeklügeltes und zurechtgelegtes Programm, sondern einfach Spaß, Witz und musikantische Leidenschaft. Dazu kommt die Souveränität, mit der Volle stimmlich gestaltet. So etwas tut gut, macht Spaß und es berührt die Seele. Bei Volle spürt man den Opernsänger und die Auswahl der Lieder hat da ganz hervorragend gepaßt. Das war ein Hochgenuß!
Christian Gerharer: Das ist der Kontrapunkt zu dieser unmittelbaren, durch keine Konzepte verstellten, musikalischen Gestaltung.
Ja, ich gebe es zu: Alleine in dieser kurzen Charakterisierung liegt schon eine Wertung. Ich bin kein Fan von Konzepten, die sich bei jedem Ton in den Vordergrund drängen und die Musik letztendlich - ich bin fast versucht zu sagen - killen. Perfekt war dieser Abend, zu perfekt vielleicht und zu sehr war das Konzept von Dunkelheit und Todessehnsucht im Vordergrund.
Mich hat der Gesang nicht wirklich berührt, es war wie eine unsichtbare Wand zwischen mir und den Liedern, die es nicht zugelassen hat, dass die Töne mich ergreifen, mich angreifen, mir Lust und Schmerz bereiten.
Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist, was ich meine?
Dass Gerhaher bei Dietrich Fischer-Diekau und Elisabeth Schwarzkopf in die Lehre gegangen ist, das hört man. Leider! Auch da muß ich zugeben, dass ich es nicht so sehr liebe, wenn der/die Lehrer/in immer wieder durchklingen und seltsamerweise sind Schüler von Fischer-Dieskau sofort als solche identifizierbar.
Elisabeth Schwarzkopf und Dietrich Fischer-Dieskau haben zu ihrer Zeit für den Liedgesang Enormes geleistet. Ich bin von den Aufnahmen auch heute immer wieder fasziniert. Aber ich erinnere mich auch an die vielen Liederabende von Fischer-Dieskau, die ich miterleben durfte. Seltsamerweise war ich fast immer ein wenig enttäuscht, dass mich der Gesang nicht ganz und gar gepackt hat, dass nur sehr selten so ein Moment des Unmittelbaren zu spüren war. Und ich glaube schon, dass es die Absicht der muskalischen Gestaltung war, die sich vor das unmittelbare Erleben geschoben und so für eine Distanz gesorgt hat, die das Gepacktsein durch den Gesang verhindert hat.
Viele wunderbare junge Musiker, die ich in den letzten Jahren erleben durfte, haben da heute einen anderen Zugang, der mehr vom Fühlen der musikalischen Strukturen ausgeht und weniger von konzeptuellen Überlegungen der Gestaltung. Das ergreift viel mehr. Da wird Musik zum unmittelbaren Erleben, da spielt die Faszination des Augenblicks mit... .
Und Jonas Kaufmann?
Genuß pur! Anders kann ich es nicht sagen.
Vielleicht ein wenig mehr Intellekt als bei Volle, aber nur um einen Hauch mehr, so dass die Unmittelbarkeit nicht verloren gegangen ist. Ein Hingeben an den musikalischen Fluß, ein sensibles Hinspüren. Sensibler als bei Volle, aber auch durch das Programm notwendig.
Stimmtechnisch bin ich mir manchmal nicht so sicher, wie lange das bei Jonas Kaufmann gut gehen wird. Das ist manchmal sehr schon kopfig, manchmal schon sehr abgedunkelt, manchmal schon auch ein wenig angestrengt. Aber dennoch: es war ein Hochgenuß Jonas Kaufmann zuzuhören.
Und die Klavierbegleiter, die eignetlich keine Begleiter sind, sondern nur so heißen und einen gleichwertigen Rang einnehmen sollten?
Helmut Deutsch: Oh je, da bin ich nicht glücklich, nicht wirklich, wie man zu sagen pflegt. Da vermisse ich das Gleichberechtigte, da höre ich zu viele Ungenauigkeiten im Klavierpart, was mich besonders bei Schubert sehr stört. Da tritt das Klavier zu sehr in den Hintergrund und zwar nicht von der Lautstärke, das manchmal auch, sondern leider von der musikalischen Präsenz her. Und dann stimmt das Gleichgewicht zwischen Sänger und Pianist nicht mehr. Schade und - wie gesagt - nicht das, was ich mir von einem "Begleiter" wünsche.
Gerold Huber: Ja, das ist ein Begleiter, wie ich ihn mir wünsche. Da spüre ich sehr viel mehr musikalische Präsenz und mehr pianistische Brillanz.
Und dann spiele ich mit der Vorstellung, wie es wäre, wenn Gerold Huber Michael Volle und Jonas Kaufmann begleitet hätte und komme ins Schwärmen ... .